Aus der Deckung
Ich-Erzähler Jonas lebt mit seiner Clique in einer französischen Kleinstadt, "irgendwo zwischen Speckgürtel und Acker". Sie vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen, Kiffen und coolen Sprüchen, und ab und zu geht einer in den Knast. Jonas hätte das Talent zum Profiboxer, doch es fehlt ihm an Disziplin. Ähnlich geht es seinem Vater, der in der Seniorenmannschaft gegen seinen Niedergang anspielt. Die jungen Leute sind ohne Träume oder Perspektive, ihnen fehlt der Antrieb, etwas aus sich zu machen, weil sie überzeugt sind, dass sie nicht gebraucht werden, vielleicht nicht mal erwünscht sind. Dabei haben sie keine schlechte Schulbildung, was die Anspielungen auf Voltaires Garten zeigen. Natürlich geht es hier um den Hanfanbau für den Eigenbedarf. - Jonas beschreibt alles mit akribischer Genauigkeit, ob es sich um das Boxtraining, Sex mit einer Frau aus einem der besseren Viertel oder um das Anzünden eines Lagerfeuers handelt. Dabei bleiben seine Gefühle unter der Oberfläche. Man kann viel über das Boxen lernen, aber die detaillierten, seitenlangen Beschreibungen machen das Lesen manchmal mühsam. Trotzdem ist der in Frankreich von der Presse hochgelobte Debütroman von David Lopez (geb. 1985) eine gelungene Momentaufnahme unserer Zeit.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Aus der Deckung
David Lopez ; aus dem Französischen von Holger Fock und [einer weiteren]
Hoffmann und Campe (2020)
253 Seiten
fest geb.