Turgenjews Schatten

Der irische Erzähler William Trevor (*1923) beschreibt die Träume eines Mädchens vom Land, das einen farblosen, viel älteren Geschäftsmann aus der benachbarten Stadt heiratet, zwischen ihm und seinen zwei verschrobenen Schwestern einsam eine unerfüllte Turgenjews Schatten Ehe führt und deshalb immer wieder heimlich für ein paar Stunden zu ihrem kranken Cousin Robert flüchtet. Die beiden sind selig verliebt und schwärmen gemeinsam von russischen Dichtern ... und als Robert bald seiner heimtückischen Krankheit erliegt, nehmen die Dinge ihren deprimierenden Verlauf - und enden für die Protagonistin für 31 Jahre in der Nervenheilanstalt. Aber nicht diese banale Geschichte eines unerfüllten Lebens macht Trevors Roman aus, sondern die Art seines behutsamen Schilderns, die statt ausladender Erzählkommentare mithilfe von Versatzstücken des Alltags - einem Fahrradschlauch, verkrüppelten Friedhofsbäumen usw. - und traurigen Traumsequenzen der Heldin das Innenleben der handelnden Figuren und das vergehende alte Irland von 1950 bis in die 80er Jahre vorsichtig und genau nachzeichnet und den Leser so gestärkt und getröstet aus dieser trostlosen Geschichte entlässt. - Wer Erzählungen ohne aufregende Ereignisse liebt und seine Freuden sucht in stillen Schilderungen menschlicher Abgründe, wird in diesem meisterhaft erzählten Werk eines großen alten Mannes seine Freude haben. Für alle Büchereien eine Bereicherung. (Übers. Thomas Gunkel)

Georg Bergmeier

Georg Bergmeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Turgenjews Schatten

Turgenjews Schatten

William Trevor
Hoffmann und Campe (2011)

283 S.
fest geb.

MedienNr.: 352076
ISBN 978-3-455-40342-8
9783455403428
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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