In Zeiten von Liebe und Lüge

Lisandra, die junge Frau des Psychiaters Vittorio Puig, liegt tot auf der Straße. Wurde sie aus dem Fenster gestoßen, war es Selbstmord oder ein Unfall? Die Polizei verhaftet ihren Mann. Eva Maria, von der Unschuld ihres Therapeuten überzeugt, sucht In Zeiten von Liebe und Lüge auf eigene Faust nach dem Schuldigen. Ihre wichtigste Spur sind Kassetten von Puig mit illegalen Aufnahmen der letzten Patientensitzungen. Was sie beim Hören der Bänder und auf Lisandras Beerdigung erfährt, geht weit über das hinaus, was sie sich vorzustellen vermochte. Vieles ist ganz anders, als es anfangs scheint, jeder scheint mal verdächtig. - Inspiriert von einer wahren Geschichte spannt Grémillon Fäden aus verschiedenen Erzählformen und Perspektiven, die sich nach und nach überkreuzen, Spannung erzeugen und den Leser einwickeln. Ob längere Ausführungen z.B. über die krankhafte Eifersucht der verführerischen Lisandra als Längen oder Stilmittel zur Intensivierung empfunden werden, entscheidet der Leser. Die Hauptpersonen wie Eva Maria, versunken in Trauer um ihre verschwundene Tochter und darüber unfähig, ihren Sohn noch wahrzunehmen, werden komplex gezeichnet. Immer wieder schimmert die dunkle Zeit Argentiniens durch, die tiefen Wunden und der Groll, den die Gewalt der Militärs am eigenen Volk hinterlassen hat. Ist Heilung von der Vergangenheit möglich? - Grémillon präsentiert einen intensiven Roman, der sich nicht nebenbei liest und den man doch immer mal wieder für ein paar Minuten aus der Hand legt um durchzuatmen. Die Intensität bleibt bis zum überraschenden Ende. Empfehlung. (Übers.: Claudia Steinitz)

Barbara Sckell

Barbara Sckell

rezensiert für den Borromäusverein.

In Zeiten von Liebe und Lüge

In Zeiten von Liebe und Lüge

Hélène Grémillon
Atlantik (2014)

347 S.
fest geb.

MedienNr.: 578625
ISBN 978-3-455-60015-5
9783455600155
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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