Der Inselmann
Eine Woche vor Weihnachten übersiedelt der zehnjährige Hans mit seinen Eltern auf eine einsame unbewohnte Insel in einem See. Konfrontiert mit eisiger Kälte in einem baufälligen Haus, verhungerten Schafen und einem äußerst kargen Leben richtet sich Hans dennoch ein in seiner neuen Welt, findet Plätze, an denen er seinen Träumen nachhängen kann und fühlt sich allmählich wohl. Auch wenn er seinen Freund Kalle vermisst, entkommt er doch dem bitteren Alltag des ständigen Gemobbtwerdens. Und dann muss Hans eines Tages im Frühsommer zurück in die Zivilisation: Die Schulbehörde fordert ihn zum Schulbesuch auf. So rudert Hans nun jeden Tag in die Schule; allerdings nicht lange - statt in die Schule zu fahren, verbringt er die Zeit in einer stillen Bucht. Er wird geradezu eingefangen, kommt in eine Erziehungsanstalt, die er nach Jahren ungebrochen verlässt. Auf "seine" Insel zurückgekehrt, findet er den Vater tot, die Mutter geistig verwirrt; auch sie stirbt bald. Jahre, Jahrzehnte vergehen ... Hans, der Inselmann, wird zum Mythos, zur Schauergeschichte. Seine Existenz verblasst allmählich. - In seinem Roman entwickelt Dirk Gieselmann eine Geschichte mit märchenhaften Zügen, erzählt in kraftvoller, schöner, poetischer Sprache anspruchsvoll vom Leben mit all seinen schönen und traurigen Seiten. - Sehr empfohlen.
Wilfried Funke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Inselmann
Dirk Gieselmann
Kiepenheuer & Witsch (2023)
170 Seiten
fest geb.