Die neue Entfremdung

Die bekannte Fernseh-Journalistin Jessy Wellmer empfindet die Vermittlerrolle zwischen ost- und westdeutschen Identitäten als Lebensaufgabe. Geboren in der DDR und bis zum Ende der Grundschule dort sozialisiert, lebt sie seit Mitte der 1990er Jahre Die neue Entfremdung ein, nach eigener Aussage, westdeutsch geprägtes Leben. Mit ihrem Buch will sie zwischen beiden Seiten vermitteln ("einen Beitrag zur Wiedervereinigung leisten"). Das Buch gliedert sich in zwölf Kapitel zu Schwerpunktthemen, in denen neben viel Autobiografischem auch Auszüge ihrer Filmreportagen zum Leitthema einfließen. Der Stil ist im Plauderton gehalten, leicht zu folgen und nachttischtauglich. Sympathisch, zuweilen wehmütig, lesen sich die vielen Anekdoten aus dem Land ihrer Kindheit, mal amüsant, mal bitter die Geschichten vom Zusammenprall ost- und westdeutscher Mentalitäten. Was für die Wendezeit ebenso gilt wie für das Jahr 2023. Die Empathie der Autorin zu ihren Protagonisten ist stets spürbar; Kritik kommt eher als Tadel daher, als Unaufmerksamkeit oder Rüge für ein Klischee. - Ein freundliches Buch, ein wenig (n)ostalgisch, viel erläuternd und stets mit der Bereitschaft, die jeweilige Seite verstehen zu wollen. Als Erscheinungsjahr eines mit Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern zu wählen, ist gut getimt. Für jeden Bestand geeignet.

Werner Wagner

Werner Wagner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die neue Entfremdung

Die neue Entfremdung

Jessy Wellmer
Kiepenheuer & Witsch (2024)

255 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 618534
ISBN 978-3-462-00531-8
9783462005318
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: So
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