Der Boss
Daniel hat ein Problem: Da er an dem 'Jeder-soll-mich-liebhaben-Komplex' leidet, kann er sich nie entscheiden, z.B. wohin die Hochzeitsreise gehen soll oder ob er 100 Pfund für Theaterkarten ausgeben soll. Aber Daniels Verlobte, die der Leser schon aus dem vorhergehenden Band ("Macho Man", 2009) kennt, ist Türkin und erwartet von ihm, dass er der Boss ist. Aber der Boss zu sein, diese Rolle fällt Daniel sehr schwer, deswegen halten ihn die türkischen Männer ja auch für ein Weichei. Und auch in anderen Lebensbereichen gibt es Probleme. Da ist auf der einen Seite die bestürzende Vorliebe der türkischen Schwiegerfamilie für Kitsch, und da sind andererseits die sexuelle Freizügigkeit und der komplizierte Kunstgeschmack der eigenen Eltern. Schwierigkeiten bei der kulturellen Annäherung sind also vorprogrammiert und die geplante Hochzeit droht zu scheitern. - Netenjakob nimmt auch in diesem Buch wieder viele Beobachtungen aus dem Alltagsleben durch oft witzige Übertreibungen und ironische Kommentare auf die Schippe. Das Aufeinanderprallen der türkischen und deutschen Welten in ihren Besonderheiten und Absonderlichkeiten wird mit scharfer Feder aber liebevollem Blick gekonnt karikiert. Auf diese Weise kann dieser leichte heitere Roman mit dem sympathischen Ich-Erzähler durchaus zu mehr Verständnis und Toleranz beitragen.
Ulrike Braeckevelt
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Boss
Moritz Netenjakob
Kiepenheuer & Witsch (2012)
313 S.
kt.