Es bringen
Luis ist sechzehn und lebt in einer Sozialbauwohnung, in einer Welt jenseits bürgerlich-moralischer Wertmaßstäbe. In seinem Leben zählen drei Dinge: seine Kumpels, Saufen und Sex. Milan, sein Freund, ist der Anführer der Gang, aber er, Luis ist der ungekrönte King, weil er es schafft, alle Mädchen aufzureißen, worüber regelmäßig 'Fickwetten' abgeschlossen weden. In seiner Welt ist Luis der 'Bringer'. Er hat immer einen Plan, er hat immer alles im Griff, -bis Milan mit seiner Mutter anbandelt und ein Kumpel es in aller Öffentlichkeit mit Jenny, seiner besonders Auserwählten treibt. - Luis ist der Ich-Erzähler. Seine Sprache ist direkt, vulgär, schamlos und jugendszenig. Manch ein Leser mag sich ungläubig fragen: gibt es wirklich Jugendliche, die so 'ticken'? Die äußerst derbe Sprache, die aneinanderreihende Beschreibung von 'Fick-Nummern', das permanent hormongesteuerte Denken des Jugendlichen dürften besonders anfangs teils ermüdend, teils verstörend, teils auch abstoßend wirken. Doch hinter der bisweilen beinahe unerträglichen sexuellen Dichte wird nach und nach die verletzliche Persönlichkeit von Luis sichtbar. Seine Beobachtungen sind überraschend hellsichtig, und hinter der großkotzigen selbstherrlichen Attitüde werden die wahren Sehnsüchte und Lebenswünsche ebenso erkennbar wie die Defizite, die zu dieser Entwicklung geführt haben. Trotz nicht zu verkennender erzählerischer Qualitäten fällt eine Empfehlung für Büchereien schwer. Für literaturinteressierte und literaturversierte Leser.
Ulrike Braeckevelt
rezensiert für den Borromäusverein.
Es bringen
Verena Güntner
Kiepenheuer & Witsch (2014)
249 S.
fest geb.