Freiheiten

Ein Essay ist weniger eine Kunstform als vielmehr ein Mix aus Philosophie und Wissenschaft, entsprungen aus einem Nachdenken, das Goethe zufolge dem Erleuchteten, nicht dem Licht gilt. Unter diesem Vorzeichen stehen die Essays der in London geborenen, Freiheiten in New York lebenden Autorin Zadie Smith. Sie praktiziert das essayistische Schreiben als Erzählen, genauer gesagt: als in jeder Hinsicht freies Erzählen. Ihre Essays beugen sich keiner Doktrin. Sie prüfen und provozieren da, wo es nottut. Sie werfen Licht auf Zusammenhänge von Brexit und britischer Kulturelite, Facebook und Generation Why, Rappern und alten Meistern, die amerikanische Comedyreihe "Key&Peele", auf die Unterschiede zwischen Freude und Vergnügen und die Wahlverwandtschaften zwischen Optimismus und Verzweiflung. Sie leuchten unserer Zeit heim, die im Zeichen von Digitalisierung und Globalisierung, Big-Data-Ökonomie und 'alternativen Fakten' steht. "Man muss seine Schutzschilde senken", dieser Satz, gewonnen aus ihrer Hassliebe zu der Sängerin Jonie Mitchell und Betrachtungen zu Sören Kierkegaards Auslegung von Isaaks Opfergeschichte, ist so etwas wie eine Leitmelodie durch die Essays. Zadie Smith will erzählen, nicht erklären, sich auf die Zumutungen von Kunst und Musik, Literatur und Film einlassen, unermüdlich, manchmal radikal, oft auf neuartige Weise. Davon handeln ihre Essays, dazu lädt sie ihre Leserschaft ein. Ein in hohem Maße anregendes Lesebuch, das Neugierde auf die Freiheit weckt. (Übers.: Tanja Handels)

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Freiheiten

Freiheiten

Zadie Smith
Kiepenheuer & Witsch (2019)

509 S.
fest geb.

MedienNr.: 596058
ISBN 978-3-462-05214-5
9783462052145
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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