Agentterrorist
Der damalige Korrespondent der Tageszeitung DIE WELT in Istanbul wurde im Februar 2017 auf höchste Weisung unter fadenscheiniger Begründung inhaftiert. Präsident Erdogan bezeichnete Yücel mehrfach öffentlich als "Agentterrorist" und benutzte ihn als Geisel, um Druck auf die deutsche Regierung auszuüben. Während seiner einjährigen Untersuchungshaft avancierte Yücel in Deutschland zur Ikone der Pressefreiheit. Seine Freunde und Kollegen organisierten Kampagnen für seine Freilassung, es entstand eine öffentlichkeitswirksame "FreeDeniz"-Bewegung, die deutsche Regierung schaltete sich auf höchster Ebene ein. Die vorliegende Veröffentlichung schildert all dies detailliert und darüber hinaus die jüngste Geschichte der Türkei. Im Zentrum aber stehen die quälende Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis, der Umgang mit Einsamkeit, Langeweile, Angst und der Kampf um Bewahrung der Würde. Dabei kreisen die Gedanken des Autors nicht nur um das eigene Schicksal, sondern er schildert mit Empathie auch das Los anderer, weniger bekannter politischer Mithäftlinge. Das Buch verknüpft in gelungener Weise - wenngleich manchmal etwas zu detailliert - das persönlich Erlebte mit dem allgemein Politischen und kann politisch interessierten Leser/-innen zur Lektüre empfohlen werden.
Johann Book
rezensiert für den Borromäusverein.
Agentterrorist
Deniz Yücel
Kiepenheuer & Witsch (2019)
393 Seiten
fest geb.