Unter Tränen gelacht
Sehr persönlich, sehr emotional, sehr berührend und offen erzählt die Autorin und Moderatorin Bettina Tietjen ihre Erfahrungen und Empfindungen mit ihrem an Demenz erkrankten Vater. Ihre gut zu lesende Schilderung beginnt mit dem Tag, an dem ihr Vater seine Wohnung in Wuppertal aufgeben und in ein speziell für Demenzkranke eingerichtetes Seniorenheim in Hamburg (dem Wohnort seiner Tochter) umziehen muss. Die gänzlich veränderte Situation sowie der immer schwieriger werdende Umgang mit dem Kranken und der Kraft fordernde Lern- und Umgewöhnungsprozess lassen beide - Vater wie Tochter - an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen und stürzen die Autorin in aufreibende Gewissens- und Entscheidungskonflikte. Dennoch erleben sie auch Stunden, in denen eine gewisse Sorglosigkeit, altes Vertrautsein und starke Verbundenheit - gestützt auf Familienfotos und Anekdoten - die Krankheit in den Hintergrund treten lassen. Wie sich die Demenz langsam in den Alltag des Vaters eingeschlichen hat, man die Anfangssymptome nicht wahrhaben wollte, aber schließlich die Erkrankung als unabwendbare Realität akzeptieren musste, schildert Tietjen in Rückblicken, die den Verlauf von den ersten Aussetzern bis hin zur völligen Orientierungslosigkeit zeigen. Fotos und Zeichnungen des Vaters veranschaulichen das empfehlenswerte, stets die Würde des Kranken wahrende Buch, das zwar keine grundlegenden Informationen über Demenz vermittelt, aber auch für betroffene Familien hilfreich ist.
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Unter Tränen gelacht
Bettina Tietjen
Piper (2015)
303, [8] S. : Ill. (z.T. farb.)
fest geb.