Hier muss es sein
Lesenswerte, mit Preisen bedachte Beziehungsromane hat die irische Autorin bereits u.a. mit „Judith und Hamnet“ (2020; Bespr. online) oder „Porträt einer Ehe“ (2022) vorgelegt. Auch im neuesten Roman auf Deutsch (die Originalausgabe erschien bereits 2016) geht es um die Beziehung zwischen einem ungewöhnlichen Paar und um das Zerstörerische von Geheimnissen, Schweigen, Neid und falscher Freundschaft. Die eigenwillige bis exzentrische Claudette und ihr Ehemann Daniel, ein Linguistikprofessor aus den USA, leben mit ihren kleinen Kindern zurückgezogen im wenig besiedelten Norden Irlands. Daniel pendelt zu seinen Vorlesungen vom Land in die Stadt Dublin. In Rückschauen, Zeit- und Ortsprüngen werden ihr ungewöhnliches Kennenlernen, ihre schillernde Vergangenheit mit anderen Partner:innen und ihre unterschiedlichen Herkunftsfamilien sichtbar. Claudette als gefeierte Schauspielerin, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere mit ihrem kleinen Sohn einfach verschwand, was zu wilden Spekulationen in der Presse führte. Und Daniel, der nach einer gescheiterten Ehe seine Kinder nicht mehr treffen kann und so von den USA nach Irland kam, in das Land seiner Vorfahren, um einen Neuanfang zu wagen. Sie treffen sich zufällig und beginnen ein gemeinsames, abgeschottetes Leben, haben Kinder und gelangen dann doch nach 10 gemeinsamen Jahren auf schweigsame Abwege durch nicht thematisierte Altlasten der Vergangenheit, an denen die Beziehung schließlich zerbricht. Nach getrennten Jahren mit Alkoholproblemen bei Daniel finden sie aber einen versöhnlichen Umgang miteinander und vielleicht einen zögerlichen Neuanfang – zwei, die nach vielen Verletzungen doch zusammengehören. Feinfühlige Beziehungsgeschichte mit hohem Unterhaltungswert, bei der das Glück, Kinder zu haben, immer mitschwingt – für eine breite Leserschaft empfohlen.
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.
Hier muss es sein
Maggie O'Farrell ; aus dem Englischen von Kathrin Razum
Piper (2024)
543 Seiten
fest geb.