Die lange Reise des Yong Sheng

Nach dem Erfolg mit "Balzac und die kleine chinesische Schneiderin" legt der in Frankreich lebende chinesische Autor Dai Sijie eine poetische, mit sicherer Hand geführte Skizze vom Umbruch in der chinesischen Gesellschaft seit 1911 vor. Seine Hauptfigur, Die lange Reise des Yong Sheng Sohn eines Zimmermanns und Taubenflötenschnitzers, mit 14 Jahren verheiratet, zum Christentum übergetreten, zum Pastor ausgebildet und in Folge von Bürgerkrieg, Revolution bis zur maoistischen Zeit der Kulturrevolution sich in mittel- und südchinesischen Provinzen durchschlagend, ist spannend und einfühlsam geschildert. Ihr kontrastiert die zweite Hauptfigur, Mary, Tochter des Baptistenpredigers, auch sie eine Verfolgte, deren Liebe der Musik gehört und schließlich 1955 die (rot-) chinesische Staatsbürgerschaft annimmt. Voller Details und Episoden, vor allem aber bildgewaltig und sinnlich erzählt Dai Sijie hier die Geschichte seines Großvaters. Ein ohne peinlich vorgeführte Exotik und Erotik berückender Text, der voller Überraschungen und anschaulichem Geschichtsmaterial steckt, die mit der leichten und doch einfühlsamen Schreibweise des Autors die Leser/-innen gefangen nehmen. Ein besonderes Verdienst des Werks liegt in der ganz unideologischen Thematisierung des Wirkens von Christen in der Zeit des großen gesellschaftlichen Umbruchs Chinas. Sehr empfehlenswert.

Helmut Krebs

Helmut Krebs

rezensiert für den Borromäusverein.

Die lange Reise des Yong Sheng

Die lange Reise des Yong Sheng

Dai Sijie ; aus dem Französischen von Claudia Marquardt
Piper (2022)

428 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 608713
ISBN 978-3-492-07016-4
9783492070164
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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