Friedelind Wagner
Siegfried, Richard Wagners homosexueller Sohn, war 45 Jahre alt, als ihm 1914 die 17-jährige Winifred Klindworth zugesellt wurde. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Auf Wieland folgte 1918 Friedelind, darauf kamen noch Wolfgang und Verena. Friedelind, Sängerin und Pianistin, war als einzige des Wagner-Clans gegen das Nazi-Regime. "Mausi", physiognomisch am stärksten dem Großvater ähnlich, ging 1939 in die Schweiz, dann nach London, wo sie interniert wurde. Toscanini verhalf ihr zur Ausreise in die USA, 1947 wurde sie US-Staatsbürgerin. Nach ihrem Neffen Gottfried war Friedelind das "Schwarze Schaf" der Familie; widersetzte sie sich doch ihrer Hitler-hörigen Mutter Winifred. Ihre Autobiografie "Nacht über Bayreuth" kam 1945 in Bern heraus. Mutter und Brüder booteten sie 1949 als Festspielleitungs-Nachfolgerin aus. Sie begründete die Bayreuther Meisterklassen. Nach Versuchen, als Produzentin und Regisseurin zu reüssieren, starb sie 1991 im westfälischen Herdecke. Die erste Biografie zeichnet Friedelind Wagner als Rebellin, die sich als "Verräterin" im Kampf um die Festspielleitung mutig behauptete, allerdings unter Verzicht auf vieles, was ihr als einer Wagnererbin zustand. Sie hat diese ausführliche, facettenreiche und faszinierende Lebensbeschreibung verdient, auch wenn sie, versehen mit einigen Fotos, nicht in allen Details ausgewogen erscheint. Wagner-Clan-Fans werden sie mit Spannung und Respekt vor einer außergewöhnlichen Persönlichkeit lesen.
Hans Gärtner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Friedelind Wagner
Eva Rieger
Piper (2013)
Piper ; 30412
502, [16] S. : Ill.
kt.