Rein Gold

Die österreichische Autorin und Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist nicht gerade bekannt dafür, es ihren Lesern leicht zu machen. Zum Wagnerjahr hat sie einen gewaltigen Bühnenessay geschrieben, eine Auftragsarbeit der Bayerischen Staatsoper. Rein Gold "Rein Gold" heißt der Text. Es ist ein Wechselgesang in Prosa, ein Schlachtgesang der Wagner-Rezeption. Geopfert wird, dem Titel gemäß, das Rheingold als kapitalistische Ware, und die Streitend-Sprechenden sind keine Geringeren als Wotan, der germanische Göttervater, und seine Tochter Brünnhilde, angelehnt an den dritten Akt von Wagners "Walküre". Es geht um die elende Verwandtschaft von Gold und Gott und um alles, was Geld in der Welt bewegt. Auch die Götter sind nicht frei vom Fluch des Kapitals. Die Götterstatt Walhall ist mit Krediten überschuldet, die Riesen und Zwerge haben Gewerkschaften und Niedriglöhne. Elfriede Jelinek mischt Mythos und Finanzmarktanalyse zu einem wilden Ritt. Da mitzuhalten, fällt schwer, wenn auch das assoziative, stichwortfreudige Sprechen der Rollenfiguren manche intelligente Anspielung auf die Gegenwart und einige Denkanregungen enthält ("dass im Glauben und in der Wahrheit Geld ist", der Held oft ein "Mörder-Stellvertreter", der Geldwert ein "Anscheinchen" ist und - auf der Grenze zum Kalauer - Deutschland ein "Ort der Niegelungenen"). Alles in allem eine schwierige Lektüre, eine kapitalismuskritische Wagner-Deutung und eine typisch Jelineksche Denkfabrik. Von den über 1000 Zuschauern bei der sechsstündigen Uraufführung des Dialogs im Münchner Residenztheater blieben am Ende noch, wie "Die Zeit" (16.3.2013) berichtet, siebzig sitzen. Wenn geeignet, dann für große Bestände.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Rein Gold

Rein Gold

Elfriede Jelinek
Rowohlt (2013)

221 S.
fest geb.

MedienNr.: 380684
ISBN 978-3-498-03339-2
9783498033392
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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