Das große Haus

"Das große Haus": Der Titel des dritten Romans der jungen US-Erfolgsautorin Nicole Krauss stammt aus einer talmudischen Legende. Es ist die Idee von einem vollkommenen "Gedächtnis aller Erinnerungen" angesichts der Erfahrung, dass jedem Menschen Das große Haus nur, aber immerhin "ein heiliges Bruchstück" des Ganzen zuhanden ist. Diese Idee lesergerecht in einen Roman zu verpacken, ist nicht so einfach, aber wer sich einmal auf die verschachtelten Erzählerrollen eingelassen hat, wird dem Sog der Geschichte kaum widerstehen. Es geht um ein Möbelstück, einen monströsen Schreibtisch, der einem jüdischen Gelehrten vor dem Abtransport seiner Familie in Budapest geraubt wurde. Sein Sohn, der jüdische Kunsthändler Georg Weisz hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das Arbeitszimmer seines Vaters wiederherzustellen. Nur der Schreibtisch fehlt. Er wandert durch die Parallelgeschichten eines chilenischen Exil-Lyrikers, einer New Yorker Schriftstellerin mit veritabler Schreibkrise und eines britischen Literaturprofessors mit dementer Frau, die einstmals ihr Baby abgegeben hat. Die Verknüpfung dieser unglücklichen Biografien mit dem düsteren Tisch ist gelungen, ebenso die magische Metapher des Schreibtisches, der mit seinen zahlreichen Schubladen eine "Gedächtniskiste" ist, die viele Themen birgt: Exil und Heimat, Mutterschaft und Paarbeziehungen, Sinnsuche. Anspruchsvolle, zum großen Teil lohnende Lektüre. (Übers.: Grete Osterwald)

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Das große Haus

Das große Haus

Nicole Krauss
Rowohlt (2011)

374 S.
fest geb.

MedienNr.: 336418
ISBN 978-3-498-03553-2
9783498035532
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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