Die Fähigkeit zu sterben
Für Krebskranke wirft das sich überdeutlich abzeichnende Ende ihres Lebens etliche Schatten auf das Dasein. Diese wecken Ängste, Sorgen und kosten Kraft. Dass es um mehr geht als um das Abtrotzen von Lebensverlängerungen, sondern um die Gestaltung des Lebens bis zum Ende, macht die Autorin von der ersten bis zur letzten Seite ebenso vielseitig wie frag-würdig deutlich. Als Psychoonkologin beschreibt sie ein Dutzend Sterbegeschichten Krebskranker in einer Weise, die jedem individuellen Schicksal eine eigene Würde und dem Leser eigene Fragen zugesteht. Das Buch konfrontiert mit Fakten, Formulierungen und Vorstellungen, ohne dass Scham oder Schockierendes außen vor blieben. Gerade diese reflektierte Direktheit ist eine Herausforderung, kann aber das Buch zu einer heilsamen Lektüre machen. Ein berührendes, bewegendes Buch, das Menschen unterstützen kann, die andere bei einer Krebserkrankung begleiten und die Möglichkeit zu sterben zur Sprache bringen (müssen). Büchereien jeder Größe empfohlen, auch in Krankenhäusern.
Reiner Andreas Neuschäfer
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Fähigkeit zu sterben
Sabine Lenz
Rowohlt (2014)
205 S.
fest geb.