Der Gott jenes Sommers
Anfang 1945 muss die 12-jährige Luisa mit ihrer Familie Kiel verlassen, um auf dem Gutshof ihres Onkels den Bombenangriffen der Alliierten zu entfliehen. Das introvertierte, belesene Mädchen erlebt hautnah die ganze Bandbreite des Krieges und der Naziherrschaft mit, z.B. von Nazis geschundene, halb verhungerte Zwangsarbeiter. Ihre Schwester Billie verkauft sich an deutsche Soldaten, während ihre andere Schwester mit einem SS-Offizier verheiratet ist und ausgesorgt hat, aber nicht verhindert, dass ihr Mann den Hof des Onkels konfisziert, um ihn sich selbst anzueignen. Auch weiß sie nicht, dass ihr Mann Luisa missbraucht. Noch dazu findet Luisa ihren Vater aufgehängt in der Scheune und bleibt mit ihrem Schock darüber allein, weil die Mutter den Tod des Vaters nur belächelt. In der Sprache von Gryphius, der im 17. Jh. Sonette über die Schrecken des Krieges verfasst hat, setzt Rothmann in klar abgegrenzten Kapiteln Parallelen des Dreißigjährigen Krieges zum Zweiten Weltkrieg. Die Leiden und Ängste der Menschen angesichts der verrohten, willkürlich agierenden Soldaten haben sich auch in Hunderten von Jahren nicht geändert. Für anspruchsvolle Leser/innen ab mittleren Beständen.
Der Gott jenes Sommers
Ralf Rothmann
Suhrkamp (2018)
253 S.
fest geb.