Kalt genug für Schnee
In einem gemeinsamen Urlaub versuchen Tochter und Mutter sich einander anzunähern. Getrennt durch verschiedene Leben in Tokyo und Melbourne soll die gemeinsam verbrachte Reise an alte Zeiten und ein altes Leben anknüpfen. Doch während beide sich
mit Kunst, Kultur und Essen beschäftigen, scheint die Kommunikation zwischen den beiden nicht zu funktionieren. Jessica Au führt die Lesenden durch die komplizierte Welt der Eltern-Kind-Beziehung. Die erwachsene Tochter und die älter werdende Mutter begeben sich nicht nur auf Reise durch Japan, sondern auch durch die eigenen Gefühle. Nicht selten bemerkt die Tochter dabei die klaffende Leere und die Verunsicherung zwischen ihnen. Au verknüpft die Geschichte mit vielen Anekdoten aus der Kindheit und der Jugendzeit. Dabei verschwimmen Realität und Erinnerung zunehmend miteinander, was das Lesen mitunter erschwert. Der oft passive und unsentimentale Ton unterstreicht zwar die Beziehung von Mutter und Tochter, lässt die Charaktere aber auch unnahbar wirken. Der Roman beschäftigt sich vor allem mit der Intensität von Eindrücken der Ich-Erzählerin und rückt dabei die Story in den Hintergrund. Dies mag für einige Leser und Leserinnen ungewöhnlich wirken.
Ursula Harprath
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Kalt genug für Schnee
Jessica Au ; aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit
Suhrkamp Verlag (2022)
117 Seiten
fest geb.