Rette dich, das Leben ruft!

In seiner Autobiografie schreibt Boris Cyrulnik (geb. 1937 in Bordeaux), Resilienz- und Verhaltensforscher, Neurologe und Psychiater, er habe diesen Berufsweg gewählt, um das Umfeld und die Bedingungen der schrecklichen Ereignisse und verstörenden Rette dich, das Leben ruft! Erfahrungen seiner Kindheit und Jugend verstehen und durch Worte ausdrücken zu können. In dieser inhaltlich und sprachlich faszinierenden Reflexion nimmt er den Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit, auf der er jedoch nicht die Fakten selbst in den Mittelpunkt stellt, sondern das von verschiedenen Faktoren beeinflusste Phänomen des Sich-Erinnerns - z.B. der Unterschied zwischen realem und traumatischem Gedächtnis und seine Formung durch das persönliche Umfeld. Als Sechsjähriger, der nicht weiß, dass er Jude ist und was dies bedeutet, wird er von den Nazis verhaftet, kann aber fliehen. Bis Kriegsende wird er von verschiedenen Leuten versteckt und danach bei Pflegeeltern untergebracht. Immer wieder erzählt er diese traumatischen Erlebnisse, aber man nimmt ihn nicht ernst und verbietet ihm sogar, darüber zu sprechen. Diese Ablehnung verletzt ihn tiefer als das Erlebte selbst, er verschließt seine Erinnerungen in der "Krypta der Seele" und versteckt sein Unglück in komischen Geschichten und fantasievollen Tagträumen. Erst durch die öffentliche Auseinandersetzung Frankreichs mit der eigenen NS-Vergangenheit löst sich seine innere Erstarrung. - Ein interessanter und hilfreicher Einblick in die menschliche Psyche.

Inge Hagen

Inge Hagen

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Rette dich, das Leben ruft!

Rette dich, das Leben ruft!

Boris Cyrulnik
Ullstein (2013)

280 S.
fest geb.

MedienNr.: 390043
ISBN 978-3-550-08039-5
9783550080395
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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