Rechtsstaat am Ende
Der Leitende Oberstaatsanwalt an Europas größtem Strafgericht, dem Kriminalgericht Berlin-Moabit, schildert die Missstände im deutschen Justizwesen. Seine Wirkungsstätte dient ihm dabei als Brennglas vieler Fehlentwicklungen. Hauptthese des Autors ist, dass die Organe des Rechtswesens jahrzehntelang systematisch kaputtgespart wurden. Dies in einem Maß, dass der Rechtsstaat in Teilen heute nicht mehr funktionsfähig sei. Das Buch gliedert sich in zwölf dedizierte Problembereiche, die der Autor akribisch und mit viel Sachkenntnis dokumentiert. Das Buch versucht einen versöhnlichen Abschluss durch den leidenschaftlichen Appell an die politisch Verantwortlichen, diese Herausforderungen umgehend in Angriff zu nehmen. Er listet dafür konkrete Vorschläge auf. - Trotz der Faktenfülle lässt sich das Werk flüssig lesen, juristische Aspekte und Termini werden gut nachvollziehbar erläutert. Die Erkenntnis des Lesers am Ende, wie wenig die sonntägliche Illusion der funktionierenden Staatsmacht im "Tatort" mit der Wirklichkeit zu tun hat, wirkt allerdings bitter nach. Ein wichtiges Buch. Es ist für jeden an aktuellen politisch-gesellschaftlichen Themen Interessenten unbedingt empfehlenswert.
Veronika Teufel
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Rechtsstaat am Ende
Ralph Knispel mit Heike Gronemeier
Ullstein (2021)
237 Seiten
fest geb.