Zug der Fische
Marika lebt bei ihrer Großmutter in den Karpaten in einem kleinen Dorf am Fluss. Wie so viele Eltern arbeitet ihre Mutter in Italien. Sie kommt nicht oft zu Besuch, aber sie schickt Briefe und Geld. Eines Tages fassen die Dorfkinder den Entschluss, ihre Eltern zurückzubitten, denn vom Verkauf von Blaubeeren könne man gut leben. Dieser Irrtum der Kinder ist ihrer Sehnsucht geschuldet. Das Leben in der Obhut der Großeltern ist kein normales Familienleben; für das erzielte Einkommen aus dem Ausland zahlen die Kinder den Preis der Verlassenheit. Diesem wirtschafts- und sozialpolitischen Thema widmet sich dieses Kinderbuch in sehr einfühlsamer und für Kinder verständlicher Weise. Getragen wird die Geschichte von schönen, warmen Bildern. Breite Landschaftspanoramen und bunte Szenen aus dem Alltagsleben vermitteln eine anheimelnde Atmosphäre. Allein die eingestreuten Textpassagen erzählen von den kargen Lebensverhältnissen, vom Gefühl der Verlassenheit und dem Unverständnis der Kinder. Zur weiteren Erklärung kann der längere Text im Anhang herangezogen werden. Hier werden das Schicksal der vielen "Europawaisen" und die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte von Arbeitsmigration tiefgehend erläutert, in einem Stil, der die Fakten benennt und das Dilemma dieser Familien sensibel in Worte fasst. Auch dies ist eine Facette der Erfolgsgeschichte Europas, an die schon Grundschulkinder herangeführt werden können.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Zug der Fische
Yaroslava Black ; [Illustrationen:] Ulrike Jänichen
Carlsen (2020)
[40] Seiten : farbig
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 6