Vielleicht dürfen wir bleiben
Fünf Jahre ist es her, seit der damals sechsjährige Bosnier Albin miterleben musste, wie sein Vater von Soldaten erschossen wurde. Weil danach ihr Leben nicht mehr sicher war, musste seine Mutter unter schwierigsten Umständen mit ihm und seinen beiden jüngeren Schwestern fliehen. In Norwegen, wo die kleine Familie Aufnahme fand, haben sie sich längst eingelebt und Freunde gefunden. Als eines Tages die Polizei mit dem Ausweisungsbescheid vor der Tür steht, ist die längst verdrängte Todesangst wieder da. In der Hoffnung, die Abschiebung verhindern zu können, läuft Albin in einem unbeobachteten Moment weg. Im Bus trifft er auf zwei Schwestern, die unterwegs zu den Großeltern sind, um mit ihnen in den Urlaub zu fahren. Albin schafft es, sich heimlich in das Auto dieser Leute zu schmuggeln und landet als blinder Passagier in der norwegischen Wildnis. Er findet Unterschlupf in einem Blockhaus neben der Ferienwohnung der Familie. Doch Kälte und Hunger fordern ihren Tribut. Schließlich wird er von den Mädchen entdeckt. - Engagiert und mitreißend erzählt die norwegische Autorin vom Schicksal eines jungen Flüchtlings. Die Autorin erzählt konsequent aus der Perspektive des Jungen und macht sein tragisches Schicksal auf diese Weise für junge Leser nachvollziehbar, deren Lebenswirklichkeit ja ganz anders aussieht und die nach der Lektüre besser ermessen können, welches Glück es ist, ein angstfreies und sicheres Leben führen zu dürfen. Auch wenn das Ende offen bleibt, bietet die fesselnde Geschichte dennoch auch tröstliche Perspektiven. Ein aufrüttelnder Appell für mehr Empathie und Menschlichkeit in der Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema.
Angelika Rockenbach
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Vielleicht dürfen wir bleiben
Ingeborg Kringeland Hald
Carlsen (2015)
107 S. : Ill.
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 11