Chartwell Manor

Wegen seiner schlechten Schulnoten beschließen Glenns Eltern, ihn auf ein Internat zu geben. Glenn und seine Mitschüler sind dort schwersten psychischen, physischen und sexuellen Misshandlungen durch den Direktor ausgesetzt. Obwohl Glenn nur ein Chartwell Manor Jahr lang das Internat besucht, trägt er in der Folgezeit schwer an diesem Trauma. Er entwickelt Suchtkrankheiten, ist aber dank seines kreativen Berufs und seiner Erfolge in der Lage, sich intensiv seiner Vergangenheit zu widmen. Diese autobiografische Graphic Novel erscheint als "Memoir", das die Ereignisse zwar chronologisch schildert, aber auch mit vielen Rückblenden und Zeitsprüngen arbeitet. So werden die dauerhaften, immer wieder akuten psychischen Wunden des Opfers abgebildet. Die Misshandlungen und auch die Missachtung durch die Familie wirken ein Leben lang - dies ist die erschütternde Botschaft dieser Geschichte. Dass dem Autor sein künstlerisches Talent tatsächlich eine Möglichkeit bietet, sich seinem Schicksal zu stellen, belegen die expressiven Schwarz-Weiß-Zeichnungen auf jeder Seite. Nach Art von Robert Crumb (der auch als Vorbild benannt wird) bedient er sich eines derben, plakativen Stils. Dabei erfahren die Panels auch minutiöse Ausschmückungen, die die intimen wie auch die Gewalt-Szenen gleichermaßen beherrschen. Im Interview bezeichnet er dies als "eine Art selbstbestrafende Brutalität", die auch für Leser/-innen zur Belastungsprobe werden kann. Hier erfährt die Tradition des "Underground-Comic" eine Erneuerung, die dem Lebens-Thema des Autors nur gerecht wird.

Dominique Moldehn

Dominique Moldehn

rezensiert für den Borromäusverein.

Chartwell Manor

Chartwell Manor

von Glenn Head ; aus dem amerikanischen Englisch von Ronald Gutberiet
Carlsen (2021)

240 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 605810
ISBN 978-3-551-78172-7
9783551781727
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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