Wir wissen nicht mehr, wer wir sind

Was Cyrill Stieger, lange Jahre Auslandsredakteur der Neuen Züricher Zeitung, an Wissen über kleine und kleinste Volksgruppen, vielfach im ehemaligen Jugoslawien, aber auch in Bulgarien und Rumänien, zusammengetragen hat, lässt einem den Atem stocken. Wir wissen nicht mehr, wer wir sind Es sind meistens Opfer der Interessenspolitik der Großmächte, die in das Leben der Menschen in diesen Regionen aus reiner Machtgier eingegriffen haben. Es ist wohl keinem, der das Buch in die Hand nimmt, vorher bewusst, was es da am Rande der Bevölkerungen alles an Identitäten gibt, fremd und unterschieden von anderen Völkern im Wesentlichen durch ihre Religion, ihre Sprache und ihre Geschichte. Oft sind es nur noch wenige Sippen, die sich nur durch ihre gesprochene, nicht aufgeschriebene Sprache abgrenzen, aber eine lange, von vielen Umwälzungen geprägte, denkwürdige Geschichte haben. Die "große Politik" hat ihnen oft einen Streich gespielt, Länder wurden geteilt und ganze Volksgruppen gegen ihren Willen und ihre Interessen anderen Staaten zugeordnet. Es ist nicht nur interessant, sondern verantwortungsbewusst, ihnen ein Denkmal zu setzen in Form dieses Buches. Aber mehr als eine Erinnerung, dass es sie gab, wird wohl längerfristig nicht bleiben. Trotzdem hat man die Hoffnung, dass dieses wichtige Buch und das Bemühen seines Autors das Bewusstsein seiner Leser/innen schärft und vielleicht Entscheidungsträger dazu veranlasst zu retten, was noch zu retten ist.

Armin Jetter

Armin Jetter

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Wir wissen nicht mehr, wer wir sind

Wir wissen nicht mehr, wer wir sind

Cyrill Stieger
Zsolnay (2017)

285 S. : Kt.
fest geb.

MedienNr.: 870110
ISBN 978-3-552-05860-6
9783552058606
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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