Bohlst du noch oder klumst du schon?
"Was im populären Unterhaltungsfernsehen ein Renner ist, muss sehr genau abbilden, was ein großes Publikum hören und sehen will." Dies ist eine der Formeln, die Bernd Gäbler hier äußerst kritisch und fundiert analysiert. Dabei geht es ihm nicht um eine pauschale Verurteilung des Unterhaltungsprogramms, sondern um solide Aufklärung anhand konkreter Beispiele. Als Protagonisten dienen ihm die Medienstars Dieter Bohlen und Heidi Klum mit ihren Casting-Shows, Daniela Katzenberger und das Ehepaar Geiss als Vertreter der Doku-Soap sowie die Reihe "Berlin - Tag & Nacht" als Beispiel von Scripted Reality. Alle diese Figuren vermitteln insbesondere jungen Zuschauern eine rein kommerzielle und materielle Weltsicht und ein Menschenbild, das dem Erfolg verspricht, der Rücksichtslosigkeit und Willensstärke besitzt, sich bedingungslos unterwerfen und Demütigungen ertragen kann. Auch wird überdeutlich, dass man ohne Intelligenz oder besondere Fähigkeiten zu Berühmtheit und Reichtum kommt, der dann aggressiv und niveaulos zur Schau gestellt wird. Explizit bei jungem Publikum können die Verschmelzung von Realität und Fiktion, die schleichende Identifikation der eigenen Person mit der vorgeführten Rolle und die Akzeptanz von Worten und Gesten einen Mangel an gesundem Selbstwertgefühl, Vernachlässigung sozialer Kontakte und Orientierungslosigkeit im privaten wie beruflichen Bereich bedingen. - Absolut lesenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Bohlst du noch oder klumst du schon?
Bernd Gäbler
Gütersloher Verl.-Haus (2013)
191 S.
fest geb.