Theater hassen

Jan Küveler gehört seit Jahren zur Führungsriege deutschsprachiger Theaterkritik. Mit seiner Hommage an das Regietheater, der bekennenden Hassliebe zum Theater als Raum für Skandal und Experiment, plaudert er wie in den intellektuellen Feuilletonseiten Theater hassen über Castorfs Volksbühne (sein absoluter Favorit, dem er unter dem Castorf-Nachfolger Dercon den Verlust dieser Qualitäten prophezeit), über Katharsis und jüngere Regisseure, die außerhalb der Feuilletonwelt kaum einer kennt (etwa Milo Rau, Vegard Vinge u. Ida Müller oder Ersan Mondtag, der mit dem im Buch abgedruckten Interview quasi zum alter ego des Autors wird). Besuchern des halben Dutzends deutschsprachiger Theater, von denen Küveler jeweils ein bis zwei Inszenierungen erwähnt, oder eben Lesern der großen Feuilletons wird das Buch gefallen und sie eintauchen lassen in die hier popartig locker geführte Diskussion über Avantgarde und Theater. Für die Großzahl der Theaterbesucher sind die geistreichen Darstellungen dagegen eher befremdend - sei es, dass sie die Inszenierungen und Regisseure nicht kennen, sei es, dass der "Diskurs" um Regietheater und Avantgarde ihnen nicht zugänglich ist oder sie die Klassifizierung der Terrorverdächtigen Beate Zschäpe als "Einfaltspinsel" nicht nachvollziehen mögen. - Es ist Küvelers gutes Recht und seiner Profession geschuldetes Anliegen, für ein Theater und dessen Theaterkritik zu werben, das "die Gesellschaft bestraft" (so Frank Castorf). Diese Haltung dürfte jedoch nur in großen Beständen unserer Büchereien Interessenten finden.

Helmut Krebs

Helmut Krebs

rezensiert für den Borromäusverein.

Theater hassen

Theater hassen

Jan Küveler
Tropen (2016)

159 S.
fest geb.

MedienNr.: 587603
ISBN 978-3-608-50160-5
9783608501605
ca. 12,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Mu
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