Dreihundert Brücken

Dynamik und Spannung bezieht der Roman des Brasilianers Bernardo Carvalho (Jahrgang 1960) aus der schicksalhaften Verkettung dramatischer Ereignisse. Im Mittelpunkt stehen zwei junge Männer, die sich 2002 in St. Petersburg begegnen. Wie der aus Sibirien Dreihundert Brücken stammende, desertierte Rekrut Andrej ist auch Ruslan, ein Tschetschene, von der Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft erfüllt. Die aus knappen, rasch wechselnden Szenen bestehende Handlung läuft jedoch auf ein tragisches Finale zu. Denn Ruslan wird Opfer einer Skinheadattacke, und der von der Polizei aufgegriffene Andrej stirbt während eines Einsatzes im Tschetschenienkrieg. Indem sich der Autor nicht nur auf seine beiden Zentralfiguren konzentriert, sondern darüber hinaus von deren charakterlich schwachen, egoistischen Müttern erzählt, beschreibt er eine Gesellschaft, in der Angst, Unterwürfigkeit und Intoleranz verbreitet sind. Dass es dennoch Menschen gibt, die sich beherzt für andere einsetzen, verdeutlicht die dem "Komitee der Soldatenmütter St. Petersburg" angehörende Marina. Lesenswert, doch setzt die Lektüre Bereitschaft zur Auseinandersetzung voraus. (Übers.: Karin von Schweder-Schreiner)

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Dreihundert Brücken

Dreihundert Brücken

Bernardo Carvalho
Luchterhand (2013)

222 S.
fest geb.

MedienNr.: 389236
ISBN 978-3-630-87336-7
9783630873367
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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