Die Stille in Prag

Vorbei ist die Zeit, in der die Revolution der 90er Jahre Prag zum Zentrum lebhafter politischer Aktivitäten und Diskussionen, Ideologien und Illusionen, Aufbruchsstimmung und Gründerwillen machte. In Prag ist es still geworden im neuen Jahrtausend, wie überall in Mitteleuropa: Die globalen Veränderungen der Neuzeit haben dem Veränderungswillen der einzelnen Menschen, ihrem Idealismus und ihrer prallen Lebensfreude den Boden entzogen. Der Autor beschreibt dies am Beispiel von fünf unterschiedlichen Schicksalen in Prag: Da ist Petr, dessen Lebensträume zerbrochen sind. Seine große Liebe hat ihn im Stich gelassen, sein Studium hat er abgebrochen, nun ist er Hilfsarbeiter bei der Straßenbahn. Auf seinen Dienstfahrten lernt er die halbwüchsige Punkerin Vanda kennen, die sich vorgenommen hat, wenn sie volljährig ist, mit dem Kokainschnupfen aufzuhören. Wayne ist ein erfolgreicher Anwalt. Bis er in den Fernsehnachrichten meint, seinen im Irak stationierten Bruder schwer verletzt auf einer Trage zu erkennen - und das wirft ihn aus der Bahn. Doch seine Geliebte Hana, die auf dem Weg zu ihm ist, wird ihm nicht helfen, will ihm nicht helfen. Der alte Vladimir trauert derweil seiner verstorbenen Ehefrau nach, er kann sie nicht in Frieden ruhen lassen und vergisst darüber sein Leben. - Gekonnt verwebt Jaroslav Rudis die fünf einzelnen Schicksale in einen Roman, in dem er erzählt von den Hoffnungen und Enttäuschungen, von Liebe und Einsamkeit in unserer Zeit, einer Zeit, in der die Stille und Perspektivlosigkeit das Leben zu lähmen scheint. Dieser Roman fesselt gerade durch seine Eindringlichkeit, durch die mit gekonnter Feder gezeichneten Charaktere und ihre Schicksale. Und er lässt den Leser nach der Lektüre nachdenklich zurück. (Übers.: Eva Profousová)