Die letzte Tür vor der Nacht
In der Nähe des nordportugiesischen Porto wird ein Geschäftsmann ermordet, seine Leiche in Schwefelsäure aufgelöst. Doch wer ist der Täter? "Wo keine Leiche, da gibt es auch kein Verbrechen", meinen die fünf Personen, die des Mordes verdächtig sind: ein Kräuterhändler, ein Advokat und dessen Bruder sowie zwei zwielichtige Geldeintreiber. Mit viel literarischem Geschick entwickelt der Altmeister der portugiesischen Literatur, António Lobo Antunes, eine Handlung, in der es nur vordergründig um die Aufklärung eines Verbrechens geht. Zentrale Themen sind eher die Lebensgeschichten der Beschuldigten. Mit viel psychologischem Gespür weiß Lobo Antunes diese zu entwickeln, lässt den Leser teilhaben an deren Entwicklung, den Traumatisierungen, die das Leben ihnen auferlegt hat, und erzählt so auf meisterhafte Weise ihre menschliche Entwicklung. Das ist wirklich große Literatur von einem der besten Schriftsteller unserer Tage. Antunes' anspruchsvoller Stil erfordert schon eine gewisse Leseerfahrung in gehobener Belletristik. Doch investiert man diese, hat man einen wunderbaren und bereichernden Roman in Händen.
Günter Bielemeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die letzte Tür vor der Nacht
António Lobo Antunes ; aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann
Luchterhand (2022)
555 Seiten
fest geb.