Die Zertrennung
Zu den nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz aufgefundenen Objekten zählen auch eine Blechbüchse und Feldflasche aus Aluminium, in denen in jiddischer Schrift und Sprache abgefasste Texte versteckt waren, als deren Verfasser sich Salmen Gradowski erwies. Dieser war als "Zwangsarbeiter des Todes" dem Sonderkommando des Lagers zugeteilt, in dem die Häftlinge unter ständiger Androhung von Folter bzw. Hinrichtung die Opfer in die Gaskammern führen, die Räume nach deren Ermordung leeren und reinigen, Haare, Goldzähne und Prothesen von den Toten entfernen, Dokumente vernichten und für die Entsorgung der verbrannten Körper sorgen mussten. Diese in 22 Monaten gemachten schrecklichen, auch heute kaum auszuhaltenden Erfahrungen legt Gradowski in seinen Texten (dreiteiliges Manuskript mit vorangestellten Briefen sowie 91-seitiges Notizbuch mit 2 Briefen) nieder, die in ihrer Genauigkeit und sprachlichen Gestaltung ein einzigartiges authentisches Dokument darstellen, das sowohl die zwischen schwindender Hoffnung und wachsender Resignation wechselnde Atmosphäre im Lager als auch zwischen den Häftlingen im Sonderkommando offenbart. Mit einer ausführlichen Betrachtung der Motive und Zeugenschaft - in der ständigen Konfrontation mit dem Tod - endet das erschütternde Zeitzeugnis. - Ein schwieriges, aufrüttelndes, aber absolut wichtiges Buch!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Zertrennung
Salmen Gradowski ; aus dem Jiddischen von Almut Seiffert und [einer weiteren]
Suhrkamp Verlag Jüdischer Verlag (2019)
354, [16] Seiten : Illustrationen, Karten
fest geb.