Lügenvaters Kinder
Fritz Güllich wächst in einer kleinbürgerlichen österreichischen Familie auf. Schon als Schüler versucht und schafft er es, sich mit Lügen durchs Leben zu mogeln. Behütet durch eine Mutter mit Affenliebe, wird die Lüge bald zur Grundlage seines Lebens: Fritz studiert zunächst Psychologie, verbringt seine Zeit aber lieber in Kneipen und mit Herumgammeln. Dann wechselt er zu Jura. Je mehr er sich selber mit seinen Lügen inszeniert, umso mehr glaubt Fritz selbst an sein erfundenes Leben. Als er dem windigen Anlageberater Eisler begegnet und sich für dessen Geschäfte einspannen lässt, eskaliert alles: Zusammen mit seiner Jugendliebe Marlies bringt das Trio kleine Anleger um ihr Erspartes. Als die kluge Marlies die Machenschaften Eislers durchschaut, schafft sie es, sich mit dem lebensuntüchtigen Fritz unter falscher Identität nach Apulien abzusetzen, wo sie ein Landgut erwerben. Ihre Zukunft scheint gesichert. Doch dann fällt Fritz zum ersten Mal selbst einer eigentlich harmlosen Lüge zum Opfer. - Mit großem literarischem Geschick widmet sich der Autor dem Thema "Wahrheit und Lüge". Wie er den Werdegang Fritzens nachzeichnet, mit ebenso subtiler wie treffsicherer Ironie, das bereitet grenzenlosen Lesespaß - auch wenn einem am Ende das Vergnügen manchmal im Halse steckenbleibt, wenn der Autor nachweist: Lügen gehören nicht nur zu unser aller Leben, sie vermögen es auch zu lenken und zu ändern, oft ohne dass wir es wollen. - Ein wunderbarer Roman, leicht wirkend auf den ersten Blick, doch hintergründig und treffsicher. Gute Unterhaltung, stilistisch niveauvoll, die darüber hinaus zum Nachdenken anregt!
Günter Bielemeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Lügenvaters Kinder
Christian Schacherreiter
Otto Müller Verlag (2019)
276 Seiten
fest geb.