Dschomba

Bei Eferding in Oberösterreich liegen die Reste eines Gefangenenlagers aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Anfang der 50er Jahre taucht im Ort, noch dazu am Friedhof, ein Serbe auf, der von vielen misstrauisch beäugt wird. Der Ortspfarrer, als Dschomba Linker verschrien, nimmt sich seiner an und verschafft ihm nach einem Aufenthalt im Pfarrhof ein kleines Häuschen, das unmittelbar bei den Überresten des Lagerfriedhofs liegt. Dabei kommt zutage, dass der Bruder des Serben wohl dort bestattet ist. Ein zweiter Handlungsstrang verläuft in den 60er und 70er Jahren, als die Ich-Erzählerin als Wirtstochter in der Gaststätte fleißig mithelfen muss und ihr Dschomba als stiller, unauffälliger Gast immer wieder begegnet. Gerade die Szenen im Wirtshaus stellen eine untergegangene patriarchal geprägte Welt vor, in der jeder seinen festgefügten Platz einnahm. Charakteristisch ist hierbei, dass Dschomba nur zum als einfältig belächelten Häusler eine freundschaftliche Beziehung aufbauen kann, während ihn etablierte Bürger teils vehement ablehnen, teils einfach links liegen lassen. - Peschka arbeitet mit einem eindrücklichen Sprachstil. Gedanken, die schwer auszusprechen sind, zerlegt sie dabei in Einwortsätze. Der Punkt entspricht gewissermaßen der Atempause oder dem Äh, ehe der gesprochene Satz weitergeführt wird. Wie selbstverständlich thematisiert sie in diesem Roman Fremdenfeindlichkeit und Angst vor Veränderungen, obwohl man schon schwach spürt, dass die Grundfesten dieser Welt langsam ins Wanken geraten. Typische Austriazismen erfordern beim Lesen besondere Aufmerksamkeit, doch die vielfältigen Schichtungen machen den Roman auch außerhalb Österreichs lesenswert.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Dschomba

Dschomba

Karin Peschka
Otto Müller Verlag (2023)

380 Seiten : Karten
fest geb.

MedienNr.: 751478
ISBN 978-3-7013-1303-7
9783701313037
ca. 28,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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