Spätes Tagebuch

Ein strahlend schöner Sommer geht zu Ende, die ersten Herbststürme kündigen das Ende des Jahres an. Eine 70-jährige ehemalige Balletttänzerin und berühmte Choreographin beschließt, trotz ihres hohen Alters, Tagebuch zu schreiben. Denn die kostbaren Spätes Tagebuch Augenblicke, die ihr noch verbleiben, will sie festhalten und umso bewusster erleben. Sie hat sich vorgenommen nur über Gegenwärtiges zu berichten, nicht über Vergangenes, weil dies nur alte Wunden aufreißen und die Trauer über Verlorenes vertiefen müsste, nicht über Zukünftiges, weil sie sich keine Zukunft mehr gibt. Doch selbstverständlich holt sie die Vergangenheit bald wieder ein, sei es, dass sie in ihrer Zurückgezogenheit immer wieder an die geliebte und viel zu früh verstorbene Tochter und ihren - trotz aller Affären - einzig geliebten Ehemann denken muss, sei es, dass die Schatten der Vergangenheit in der Person eines ehemaligen Geliebten bzw. eines Mitglieds ihrer Tanz-Company auftauchen. Eine späte aber flüchtige Liebesbeziehung zu einem jüngeren Mann wehrt sie resignierend ab. Aber noch einmal, vielleicht ein letztes Mal, kann sie sich aus ihrer Lethargie befreien. "Jeder Mensch (trägt) sein Bündel gestorbener Hoffnungen mit sich herum" (S.109), sagt die Ich-Erzählerin Paulina Neblo, und sie schnürt dieses Bündel mal gefasst, mal unter Tränen vor den Lesern ihrer Tagebucheinträge auf. - Ein berührend-wehmütiger, nie sentimentaler Roman über das Alter, formuliert in einer lakonisch-abgeklärten Sprache, die so erstaunlich gut zur inneren Befindlichkeit der Erzählerfigur passt. Ganz offensichtlich ist dieser wirklichkeitsgesättigte und lebenskluge Roman der Erika Pluhar stark autobiographisch fundiert - lesenswert!

Spätes Tagebuch

Spätes Tagebuch

Erika Pluhar
Residenz-Verl. (2010)

219 S.
fest geb.

MedienNr.: 329014
ISBN 978-3-7017-1537-4
9783701715374
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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