Das Konzil - ein Sprung vorwärts

Dieses Buch des emeritierten Weihbischofs von Wien ist die Bilanz eines Zeitzeugen, weshalb persönliche Eindrücke vom Konzil beinahe keine Rolle spielen. Es wurde verfasst mit der Absicht, aus dem (Wieder-)Lesen der Konzilsdokumente inhaltliche Impulse für die Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen des Glaubens zu ziehen. Diese Bilanz ist aufgrund des klaren Aufbaus und der flüssig und allgemein verständlichen Sprache ausgezeichnet gelungen. Im ersten Kapitel werden die Einberufung des Konzils und die damit verbundenen Probleme dargelegt; es folgen die wichtigsten Fragen, die auf dem Konzil beraten wurden und die sich in den verschiedenen Konzilsdokumenten niederschlagen. So weist Krätzl immer wieder auf die zentrale Bedeutung dieser Dokumente hin, deren Lektüre er dem heutigen Leser mehrfach nachdrücklich empfiehlt. Die gut ausgewählten Zitate aus diesen Texten machen ausgesprochen neugierig. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Liturgiereform, durch die das Konzil für alle Katholiken greifbar wurde. Der Verfasser geht hier auch auf die liturgische Bewegung ein, die dieser Reform vorausging, und legt dar, wie diese lange Zeit vor dem Konzil den Widerstand der Kurie erregte. Den Ideen des Konzils, die nach Meinung des Autors noch nicht verwirklicht sind, ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Krätzl nimmt somit Stellung zur derzeitigen Situation der katholischen Kirche, spricht Probleme in den Gemeinden offen an und ermuntert den Leser, sich an der Lösungssuche zu beteiligen. Es seien insbesondere drei Punkte, die diskutiert werden müssten: das Verhältnis der Bischöfe zum Papst (sog. Kollegialität), die Ökumene und die Äußerungen des Konzils zu Ehe und Sexualität. Letztere seien weitgehend unbekannt geblieben und sollten verstärkt in die aktuelle Diskussion eingebracht werden. - Eine überaus gelungene, allgemein verständliche Zusammenfassung des Konzils mit wertvollen aktuellen Impulsen.