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In Lateinamerika ist die lange journalistische Reportage über gesellschaftliche Phänomene oder außergewöhnliche Begebenheiten ein beliebtes Genre. Solche Sachtexte besitzen oftmals eine literarische Qualität, geben lebendige Dialoge wieder und spannen weite Erzählbögen. Das vorliegende Lesebuch enthält elf hervorragende Reportagen, die ursprünglich für Tages- und Wochenmedien geschrieben wurden. Am eindrucksvollsten gelingt das Doppelporträt von zwei weiblichen Auftragskillern aus Nord-Mexiko. Während eine auf Distanz zum örtlichen Bandenchef zu gehen scheint, berichtet die andere in abgeklärter Sprache von ihren Taten. Ein weiterer lesenswerter Text folgt dem Bericht eines Schleusers, der die Reise eines Flüchtlings durch Mittelamerika und Mexiko in die USA plant und steuert. Es entsteht das plastische Bild eines ausgeklügelten Wirtschaftszweiges einschließlich der Risiken und der erforderlichen Mitwirkung durch den einzelnen Flüchtling. Die Reporter positionieren sich nah bei den Menschen, über die sie schreiben. Einer begleitet ein kolumbianisches Kind auf seinem kilometerweiten Schulweg, ein anderer trifft die Laiendarsteller eines TV-Films über ausstiegswillige Bandenmitglieder in Puerto Rico. - Allen Beständen, die Wert auf aktuelle Sachbücher legen, sehr empfohlen.