1431
Johanna, geboren mutmaßlich 1412, wächst im kleinen Dorf Domrémy in Lothringen auf. Schon früh fällt sie auf; ihre Visionen und Gespräche mit Gott und Engeln sorgen für Aufmerksamkeit. Die Stimmen von Gott und Heiligen lassen sie in ihrem Wunsch, für ihre Heimat, Frankreich und den König zu kämpfen, allmählich immer radikaler, fanatischer und entschlossener werden. Die Stimmen weisen sie an, die Engländer aus Frankreich zu vertreiben. So reitet sie letztlich in einer Rüstung in vorderster Front in den Kampf, um die englische Belagerung der Stadt Orléans erfolgreich zu beenden. Da die Franzosen aber dann die Schlacht von Compiègne verlieren, wird Johanna in der Folge an die Engländer ausgeliefert. Der proenglische Bischof von Beauvais, Pierre Cauchon, klagt sie an; sie wird der Ketzerei und Zauberei beschuldigt, schuldig gesprochen und am 30. Mai 1431 auf dem Marktplatz von Rouen verbrannt. Erzählt wird das Schicksal von Johanna sehr opulent, eingehend, detailreich. Es geht immer wieder um die Gespräche mit den Heiligen; um die Stimme Gottes, der sie anweist. Auch bei den Verhören durch die Inquisition beharrt sie ausdauernd, das Werkzeug des Allmächtigen zu sein. Erzählt wird mit überbordenden Wortkaskaden, ungewöhnlichen Formulierungen, Satzstellungen. Das Verständnis erschließt sich nicht immer beim ersten Lesen einer Passage. Wenn z.B. Gott ein loderndes Lachen ertönen lässt und Johanna ermutigt, ihre Zweifel beseitigt, wird dem Leser doch einiges abverlangt, auch bei ausufernden Beschreibungen der Gefühle Johannas. Ein sehr ungewöhnlicher Roman, keine einfache Lektüre. Für Leser/-innen, die sich für besondere Stoffe und Darstellungen interessieren und sich darauf einzulassen vermögen.
Erwin Wieser
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
1431
Sophie Reyer
Czernin Verlag (2021)
240 Seiten
fest geb.