Ich ohne Worte
Die 1937 in Wien geborene Kinder- und Jugendbuchautorin Renate Welsh schreibt über einen Schlaganfall, der sie während eines Italienurlaubs getroffen hat. Eindringlich erinnert sie sich an den Prozess des Notfalls, der Klinikbehandlung, der Reha-Zeit,
der Physio- und Logotherapien – und der Entfremdung vom eigenen Körper, von der Sprache und dem Denken. Sie erzählt, wie sie gegen das Gefühl der Leere, so mühsam es war, Dinge und Worte zurückzuerobern, trachtete, wie der Rhythmus von Schillers Balladen ihr die Sprache und die Takte einer Schubert-Sonate ihr die Melodie zurückzuerobern halfen, wie die Berührung einer Pflegerin Schleusen öffnete, und wie kränkend es war, das Treiben in ihrem Kopf zu beobachten, ohne es beeinflussen zu können. Das Buch ist eine ergreifende und hoffnungsvolle Erinnerung an das Leben mit und nach einer Krankheit, ein Plädoyer, bescheiden mit der Sprache umzugehen, die einem nicht gehört, und ein Bekenntnis zur Stärke, die im Eingestehen der menschlichen Hilfsbedürftigkeit liegt. Empfehlenswert.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.

Ich ohne Worte
Renate Welsh
Czernin Verlag (2023)
105 Seiten
fest geb.