Wie das Leben geht
Wien-Ottakring in den 80er Jahren: Franz ist Anfang fünfzig und aufgrund von Angstattacken frühpensioniert. Er ist mit Helli verheiratet, Katja ist ihre inzwischen fast erwachsene Tochter. Seit wenigen Stunden weiß Franz, dass er Krebs hat und ihm nur noch eine kurze Zeit zu leben bleibt. Resümierend und resignierend blickt er auf die letzten Kriegstage und die Zeit nach dem Krieg zurück, in den er mehr als dreißig Jahre zuvor als Sechzehnjähriger noch eingezogen wurde. Er überlebt traumatisiert und geht fast täglich ins "Vegas", um zu vergessen. Dort betrinkt er sich, geht erfolgreich dem zwielichtigen Glücksspiel nach und kann damit die Liebesdienste verschiedener dort angestellter Frauen erkaufen. Erst als Helli in sein Leben tritt, kommt Licht in sein Leben. Als ihre Tochter geboren wird, scheint das Glück perfekt. Doch Franz lässt Frau und Tochter bald oft nächtelang im Stich, um ins Vegas zu gehen. Während Helli bei ihm bleibt, zieht Katja schnellstmöglich aus, nachdem sie die Schule beendet hat. Seitdem sind einige Jahre vergangen und Franz muss nun den Mut aufbringen und seiner Familie von der Diagnose berichten. Doch die Angst überfällt ihn mal wieder, er schluckt Beruhigungstabletten und Alkohol, bis das Schicksal endgültig zuschlägt. - Der Romanheld Franz ruft wegen seiner traumatischen Erlebnisse und seiner Schuldgefühle einerseits Mitleid hervor, andererseits provoziert er Missbilligung, könnte er doch zumindest versuchen, aus der Erstarrung auszubrechen, sein Leben in den Griff zu bekommen und seinem gescheiterten Dasein einen Sinn zu verleihen. Ein nachdenklich stimmender Roman über eine gescheiterte Existenz. Empfehlenswert.
Birgit Fromme
rezensiert für den Borromäusverein.
Wie das Leben geht
Amaryllis Sommerer
Picus-Verl. (2016)
267 S.
fest geb.