Eine kurze Geschichte vom Sterben
Eine Tochter steht ihrer Mutter beim Sterben zur Seite. "Bleibst du jetzt da?", vergewissert sich die Mutter, als die Tochter zu ihr ins Krankenhaus kommt. Und die Tochter antwortet: "Ja ich bleibe da." Rückfrage der Mutter: "Die ganze Zeit?" Ja, antwortet die Tochter, sie bleibt die ganze Zeit - und beiden ist klar, das der zweite Teil des Satzes - bis du gestorben bist - unausgesprochen bleibt. So erzählt es Linda Benedikt in ihrem Debüt, das sich mit einem für unsere Zeit sehr schwierigen Thema leichtfüßig beschäftigt. Abschied nehmen, Trauer, Wut über den Tod, Erinnerungen an die gemeinsame Zeit - Lisa Benedikt schildert eindringlich die Gedanken und Emotionen der Ich-Erzählerin. Auch die Banalität des Alltags, die trotz der Ausnahmesituation bestehen bleibt, spart sie nicht aus. Als Monolog verfasst, gehen manche Passagen durch die unaufdringliche Intimität und Authentizität des Gedankenaustauschs und der Wahrnehmungen unter die Haut. - Eine hilfreiche Erzählung, die ermutigt, der Realität des Abschieds ins Auge zu sehen und sich ein Gegenüber zu suchen, das Nähe anbieten und zugleich auch ausreichend Abstand halten kann. Allen Büchereien sehr empfohlen.
Reiner Andreas Neuschäfer
rezensiert für den Borromäusverein.
Eine kurze Geschichte vom Sterben
Linda Benedikt
Arche (2013)
125 S.
fest geb.