Auch junge Leoparden haben Flecken
Aayan hat seine Familie verlassen, um sich Piraten anzuschließen, die vor der Küste Somalias Raubzüge begehen. Sein 15-jähriger Bruder Geedi verkraftet diese Trennung schwer. Ohne sich von seiner Familie zu verabschieden, spürt Geedi Aayan auf und wird bei den Piraten aufgenommen. Aber Geedi begeht einen schweren Fehler, der sowohl die Piraten als auch seine Familie in größte Lebensgefahr bringt. - Hier wird keine romantische Seeräubergeschichte erzählt, vielmehr folgen die Lesenden Geedi bei einer Mission, die bald von roher Gewalt geprägt ist. Beim Lesen ist man nahe an seiner Erlebniswelt und spürt unmittelbar die Überforderung durch die Verantwortung, der er sich aussetzt. Hier genau liegt die Krux dieser Erzählung, die sich zwar sensibel und eindrücklich den familiären Bindungen widmet, sich aber jeglicher Kritik an den Gewalttaten der Piraten enthält. Auch von deren Motiven und Hintergründen erfährt man nur in Andeutungen. Zwar verfolgt man mit Spannung und Anteilnahme Geedis Geschichte, doch die lebensbedrohlichen Konflikte der Piraterie wie eine Familienangelegenheit zu behandeln, die sich aus jugendlicher (männlicher!) Abenteuerlust speist, erscheint problematisch.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Auch junge Leoparden haben Flecken
Andreas Brettschneider
ueberreuter (2022)
188 Seiten
fest geb.