Wie China nach Europa kam

Der Untertitel "Die unerhörte Karte des Mr. Selden" könnte den Leser zunächst zu der Annahme führen, dass sich das Buch ausschließlich auf eine wohl einzigartige Land- oder Seekarte bezieht. Tatsächlich ist das zentrale Thema eine chinesische Wie China nach Europa kam Karte aus dem 17. Jh. Diese wurde 1659 als Teil einer größeren Sammlung von Büchern und Manuskripten von dem Rechtsanwalt John Selden der Bodleian Library übergeben und lag dort 400 Jahre lang unbeachtet im Keller. Erst der Sinologe Timothy Brook erfuhr davon und begann 2009 diese zu untersuchen und Nachforschungen darüber anzustellen. Zum Erstaunen Brooks ist die Karte in manchen Bereichen sehr exakt gezeichnet, in anderen stimmt sie überhaupt nicht mit westlichen Karten der Region überein. Bei dem Versuch, die Ursache zu ergründen, taucht er tief in die chinesische Geschichte der Ming-Zeit ein. Einen breiten Raum nehmen die Handelsbeziehungen Chinas mit den europäischen Staaten und Japan ein. Der Handelskonflikt zwischen England und den Niederlanden wird ebenso beschrieben wie die ersten Versuche eines internationalen Seerechts. Dem Autor gelingt es, bei seiner Spurensuche viele Details aus dem Umfeld Seldens humorvoll und begeisternd zu schildern und eine gewisse Spannung aufzubauen. Er schafft es, Gemeinsamkeiten und Gegensätze im China der Ming-Dynastie und im England Shakespeares herauszuarbeiten und die Geschichte des Kompasses ebenso kenntnisreich zu erzählen wie die der europäischen und chinesischen Seefahrt. Der Leser wird auf unterhaltsame Weise eingeführt in die Geheimnisse einer anderen Epoche und in die Kartografie der damaligen wie auch der neueren Zeit.

Edith Schipper

Edith Schipper

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Wie China nach Europa kam

Wie China nach Europa kam

Timothy Brook
Wagenbach (2015)

233 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 583550
ISBN 978-3-8031-3656-5
9783803136565
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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