Europa neu erfinden
Roman Herzog, u.a. ehemaliger Bundespräsident und Präsident des Bundesverfassungsgerichts, beschäftigt sich in diesem Buch kritisch mit der immer stärker werdenden Diskrepanz und dem schleichenden Vertrauensverlust zwischen den einzelnen Institutionen sowie den Amtsträgern der EU und der Bevölkerung in den Mitgliedsländern. Darüber hinaus fordert er zukunftsfähige Reformen sowohl der EU-Verträge als auch der Führungsorgane (Rat, Kommission, Parlament). In übersichtlich aufgebauten, inhaltlich verständlichen und gut lesbaren Kapiteln benennt er die maßgeblichen Fehlentwicklungen (u.a. Bürokratismus, Haushaltspolitik), wirft Fragen nach dem Selbstverständnis der EU (z.B. Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten, Subsidiarität) bzw. ihrer Rolle in der Welt (u.a. fehlende außenpolitische Kompetenz) auf und entwirft Vorstellungen zur Neuausrichtung. Als einen der Kernpunkte sieht Herzog ein "Demokratie-Defizit", das sich - obwohl alle Mitgliedsländer der EU Demokratien sind und auch die EU selbst demokratisch aufgebaut ist - in der mangelhaften Transparenz der Brüsseler Politik, besonders jedoch in der fehlenden Einbindung der Bürger in ihn betreffende Entscheidungen äußert. Letzteres zeigt sich vor allem in der Unmenge von z.T. irrationalen, auch rechtlich fragwürdigen Vorschriften, die z.B. durch eine Neuverteilung der Zuständigkeiten zwischen EU und den Ländern zum Wohl der Bürger geändert werden müssten. - Aufschlussreich für politisch interessierte Leser!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Europa neu erfinden
Roman Herzog
Siedler (2014)
154 S.
fest geb.