Die Zensoren
Der amerikanische Geschichtsprofessor zeigt an drei geschichtlichen Epochen exemplarisch verschiedene Formen der Beeinflussung literarischen Schaffens. Die Zeit in Frankreich vor der Revolution kennt Zensur, indem das königliche Druckprivileg verweigert wurde. Kritisch prüfte man hinsichtlich kirchlich-religiöser, politischer und moralischer Korrektheit. Vor allem durfte sich keine hochgestellte Persönlichkeit verletzt fühlen. Erstaunlich auf den ersten Blick erscheint, wie differenziert die Beurteiler von Manuskripten vorgegangen sind. Ein Zensor konnte auch schon einmal einen Tipp geben, wie die Druckgenehmigung doch noch zu bekommen sei, vielleicht auch, damit das Buch nicht im nahen Ausland gedruckt wurde. In Britisch-Indien fürchteten Zensoren hinter mythologischen Anspielungen versteckte Informationen des indischen Widerstandes. Der dritte Teil des Buches spiegelt wider, was Darnton von zwei DDR-Zensoren erfahren hat. Es erstaunt, wie effektvoll staatliche Planung und "Förderung" und gegenseitige Kontrolle das literarische Schaffen beeinflusst haben. Die "Keule" musste meist erst gar nicht hervorgeholt werden. Viele Anmerkungen und ein reichhaltiges Register ergänzen das unterhaltsam geschriebene Buch. Größeren Beständen gut zu empfehlen.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Zensoren
Robert Darnton
Siedler (2016)
366 S. : Ill.
fest geb.