Vom Augusterlebnis zur Novemberrevolution
Die Auswahl von Feldpostbriefen und -karten aus dem Ersten Weltkrieg kann sicherlich nicht als repräsentative Aussage über den Kriegsverlauf und dessen Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Familien und ihr direktes Umfeld gewertet werden, aber sie vermittelt dem Leser ein anschauliches Bild von den Hoffnungen, Problemen und Fragen sowohl der sich im kriegerischen Geschehen befindlichen Soldaten als auch von den schwierigen Lebensumständen in der Heimat. Das breite Spektrum der Briefe - in kultivierter, gewählter bzw. einfacher, fehlerhafter Sprache verfasst u.a. von Schriftstellern, Adligen, Berufsoffizieren, Akademikern, Arbeitern, Bauern - zeigt einerseits die unterschiedlichen politischen, religiösen sowie gesellschaftlichen Prägungen und die daraus resultierende Akzeptanz oder Ablehnung der momentanen Situation ihrer Schreiber andererseits ähneln sich die geäußerten Sorgen, Hoffnungen und Enttäuschungen. In einem ausführlichen Schlusswort weist Jens Ebert u.a. darauf hin, dass die ausgewählten Briefe viele Eindrücke wiedergeben, die im Widerspruch zu allgemein bekannten Äußerungen (z.B. 1914: überschäumende Kriegsbegeisterung "Augusterlebnis", 1918: revolutionäres, umstürzlerisches Gedankengut) stehen. Auch zeigt er, wie der rasante technische Fortschritt im Verkehrswesen die Briefe und Karten aus dem Ersten Weltkrieg zum ersten Massenkommunikationsmittel machte, was wiederum die Schreib- und Lesefähigkeit breiter Bevölkerungsschichten förderte. - Wertvolle Bestandsergänzung.
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Vom Augusterlebnis zur Novemberrevolution
hrsg. von Jens Ebert
Wallstein (2014)
393 S.
fest geb.