Dom Hélder Camara

Das Buch zeichnet in beeindruckender Weise nach, wie der große Befreiungstheologe Dom Hélder Camara durch Irrungen und Wirrungen hindurch zu der Persönlichkeit wurde, die viele als authentischen Anwalt der Armen kennen. Zugleich wird nachvollziehbar, warum er eine Entwicklung der Menschen zugunsten ihrer eigenen Befreiung einforderte und von der katholischen Kirche verlangte, sich für dieses Ziel in den Dienst nehmen zu lassen. Er selbst machte bis zu diesem Punkt eine wechselvolle Entwicklung durch, die auch deutlich macht, wie prägend Begegnungen im Leben sein können und wie zeitgebunden theologisches Denken und Handeln oft ist. So spielte nicht nur seine Mutter in seinem Leben eine wichtige Rolle, die ihn lehrte, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen, sondern auch eine Begegnung mit Kardinal Gerlier aus Lyon, die ihn veranlasste, sein Organisationstalent für die benachteiligten Landarbeiter im Nordosten Brasiliens einzusetzen und daraus die Option für die Armen zu entwickeln. Besonders beeindruckt, dass Dom Hélder Camara zeitlebens ein Lernender blieb und neue Einsichten immer wieder produktiv nutzte. Erfolglosigkeit, existentielle Bedrohungen und Anfeindungen waren für ihn dabei kein Grund, Abstriche an seiner jeweils als richtig erkannten Position zu machen. - Diese sorgfältig recherchierte Biografie sollte jeder lesen, der sich mit den Anliegen der Befreiungstheologie auseinandersetzt. Hilfreich wird dabei auch das 18 Seiten umfassende Literaturverzeichnis am Ende des Buches sein. Darüber hinaus ist es ein ermutigendes Beispiel dafür, dass Einsichten in eigene Fehler immer auch eine Chance der Entwicklung in sich bergen, vorausgesetzt, man stellt sich ihnen und zieht daraus entsprechende Konsequenzen. Es ist auch ein Beispiel für die Unabhängigkeit des Denkens eines großen Mannes der Kirche. Theologisch Interessierten sehr zu empfehlen.