Ein Bruder zu viel

Der fünfjährige Steinar wird nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter von der Familie ihrer Freundin aufgenommen. Die 13-jährige Emilie tangiert es wenig, aber die neunjährige Sara, denn sie muss ihr Zimmer mit dem Kleinen teilen, der in der Nacht Ein Bruder zu viel viel weint. Saras Haltung ist ganz Ablehnung. Da hört sie ein Gespräch ihrer Eltern, dass es für Steinar vielleicht einfacher wäre, er hätte einen älteren Bruder. Das bringt Sara auf die Idee, in die Rolle eines Jungen mit Namen Alfred zu schlüpfen. Sie stutzt sich die Haare und trägt nur mehr Jungensklamotten. Und jetzt macht es ihr sogar Spaß, mit Steinar Lego oder Fußball zu spielen. Immer mehr schlüpft das Mädchen in die Bruderrolle. Sogar zu Weihnachten möchte sie Festtagskleidung für Buben. Im Laufe des Winters pendeln sich die Dinge ein; im Frühjahr erhält Emilie ein neues Zimmer und Sara darf in das ihrer Schwester ziehen. - Es sind der konsequente Sprachduktus und die Logik einer Neunjährigen, die diese Geschichte so anrührend und nachvollziehbar machen. Sara spürt ihr widersprüchliches Verhalten gegenüber Steinar und sucht eine altersgemäße Lösung. Gleichzeitig nimmt der Leser wahr, wie unterschiedlich die Erwartungen an einen Jungen und an ein Mädchen sind, nicht nur in Kleidungsfragen, und auch in einer Familie, in der die alltäglichen Aufgaben ziemlich gleichmäßig auf beide Elternteile verteilt sind. Die grafische Gestaltung weckt Assoziationen an Buchillustrationen vergangener Jahrzehnte, weil die Holzschnitttechnik dazu zwingt, die Aussagen auf den Punkt zu bringen und Beiwerk wegzulassen. Empfehlenswert!

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Ein Bruder zu viel

Ein Bruder zu viel

Linde Hagerup. Mit Bildern von Felicitas Horstschäfer
Gerstenberg (2019)

140 S. : Ill. (farb.)
fest geb.

MedienNr.: 596866
ISBN 978-3-8369-5678-9
9783836956789
ca. 14,95 € Preis ohne Gewähr

Borromäus-Altersempfehlung: ab 9
Systematik: K
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