Fünf Kopeken

Eine Mutter erzählt ihrer erwachsenen Tochter auf dem Sterbebett ihre Lebensgeschichte: Wie sie als hässliches Kind ihre ganze Kraft in Genieleistungen umsetzte, vom Großvater forciert, der die väterliche Schneiderei zum internationalen Modeimperium Fünf Kopeken umbaut und nach der Wende aus der Pfalz nach Berlin zieht. Mutters erste Verliebtheiten enden im Fiasko. Bis Arno erscheint. Die Großeltern sind sofort Feuer und Flamme, und Arno steigt im Schneidergeschäft ein. Bald schmieden er und der Großvater Hochzeitspläne und das Happy End scheint nah. Doch dann trifft sie einen Unbekannten, der sie anstarrt und ihr nachgeht. Er wohnt im gleichen Haus, und sie verfällt ihm rettungslos. - Ihr extremes Sexualverhalten erinnert stark an das von Elfriede Jelineks "Klavierspielerin". Überhaupt verwendet die Autorin in ihrem Debütroman eine literarisch anspruchsvolle Erzähltechnik. Sie wechselt geschickt zwischen erzählerischem und dramatischem Modus: Einmal ist sie ganz nah an der Erlebniswelt der Mutter, wechselt gar hin und wieder ins Präsens und schildert ihre übersteigerten Wahrnehmungen im Stil der Prosa der frühen 1960er-Jahre, etwa der von Brinkmann, Handke oder Peter Weiß, dann schaltet sich die Erzählerin als Tochter wieder ein und fragt sich, weshalb ihr die Mutter das alles erzählt. - Die Journalistin Sarah Stricker hat in ihrem schriftstellerischen Debüt mit viel Fabulierfreude einen großartig skurrilen Familienroman mit witzigen Dialogen (teils in perfekten Dialektwiedergaben) geschrieben, der gleichzeitig eine grandiose Liebesgeschichte ist, wie man sie noch nicht gelesen hat. Nicht nur für anspruchsvolle Leser geeignet.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Fünf Kopeken

Fünf Kopeken

Sarah Stricker
Eichborn (2013)

506 S.
fest geb.

MedienNr.: 385429
ISBN 978-3-8479-0535-6
9783847905356
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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