Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Mauer und Stacheldraht sind gerade gefallen. Maria lebt auf dem elterlichen Hof ihres Freundes Johannes an der Grenze von Thüringen zu Bayern. Der junge Mann bemüht sich um ein Studium als Fotograf. Maria zieht sich am liebsten mit den "Brüdern Irgendwann werden wir uns alles erzählen Karamasov" zurück. Bis ihr eines Tages ganz zufällig der 40-jährige Henner begegnet, der allein den Nachbarhof bewirtschaftet. Er wird wegen Ereignissen in der Vergangenheit von den Dorfleuten argwöhnisch beobachtet. Die Begegnung rührt etwas in Maria an, sie fühlt sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen und wird seine Geliebte. Mit List verschleiert sie die Beziehung vor der Familie ihres Freundes und vor ihrer Mutter. Ihre Gefühlslage wird immer verworrener. Bis Henner eines Tages tot auf den Bahngleisen gefunden wird. Maria bricht zusammen. - In diese elementare Liebesgeschichte flicht die Autorin noch das Wiedersehen von Johannes' Großmutter mit ihrem einst in den Westen gegangenen Sohn. Irritierende erste Erfahrungen mit der Marktwirtschaft und Auflösung der DDR-Strukturen kommen hinzu. Gekoppelt mit dörflichen Traditionen lassen letztere Henner, der nicht der LPG beigetreten war, und Maria, die an Montagsdemonstrationen teilgenommen hat, schon systembedingt zu Außenseitern werden. Für das Drama der Liebesbeziehung sind diese äußeren Umstände eigentlich nicht notwendig. Oder umgekehrt: Wenn sich zwei solche Außenseiter finden, ist das nicht unwahrscheinlich und trägt nicht gleich Tragik in sich. Insofern wäre vielleicht etwas weniger mehr gewesen. Aber davon unabhängig ist der Roman durchaus lesenswert.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Irgendwann werden wir uns alles erzählen

Daniela Krien
Graf (2011)

234 S.
fest geb.

MedienNr.: 569396
ISBN 978-3-86220-019-1
9783862200191
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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