Tolstoi und der lila Sessel

Als im Jahr 2005 die älteste Schwester Nina Sankovitchs mit 46 Jahren an Krebs stirbt, versinkt die Autorin in Trauer. Drei Jahre lang versucht sie, mit doppeltem Tempo zu leben und ihre Familie noch inniger zu lieben, bis sie erkennt, dass sie vor ihren Gefühlen, ihrer Angst und ihrem Schmerz nicht davonlaufen kann. Sie beschließt, ein Lesejahr einzulegen, und wählt einen alten mit lilafarbenem Stoff bezogenen Sessel aus, in dem sie von Oktober 2008 bis Oktober 2009 mehrere Stunden täglich sitzen und jeweils ein Buch lesen will. Sie hält das selbst auferlegte, stramme Programm konsequent ein. Beim Lesen setzt sie sich mit Autoren, Figuren und Möglichkeiten auseinander. Sie lernt, wie wichtig Humor, Empathie und Anteilnahme sind, um Schicksalsschläge zu verarbeiten. - Nina Sankovitch ist nicht wählerisch bei ihrer Lektüre. Sie liest über das Jahr verteilt Tolstoi und andere Klassiker gleichberechtigt neben Krimis, einfachen Liebesromanen und Bestsellern. Weil sie aber zu jedem Buch auch noch eine kurze Rezension auf ihrer Internetseite veröffentlichen möchte, beschließt sie, dass kein Buch dicker als 2,5 cm sein darf, um ihr tägliches Pensum einhalten zu können. Zudem fordern ihr Mann Jack, die vier Kinder und kurz vor Ende des Lesejahres auch noch die Stieftochter Meredith ihre Zeit und Aufmerksamkeit ein. Am Ende ist sie zur Ruhe gekommen, das Lesen war ihre Therapie und hat sie geheilt. - Die Titel der Bücher, die die Autorin gelesen hat, stehen nicht so sehr im Mittelpunkt ihrer Aufzeichnungen. Nina Sankovitch will nicht als Literaturkritikerin auftreten, sondern sehr persönlich erzählen, wie das Lesen ihr Leben verändert hat. Ein schönes, emotionales Buch über die Trost spendende, alles verändernde Kraft des Lesens. Gern empfohlen. (Übers.: Anke Caroline Burger u. Susanne Höbel)