Sex mit Hermann Hesse
Icherzählerin Felicitas hat gerade einen neuen Job als Museumsaufseherin im Hermann-Hesse-Höri-Haus angetreten, wo der Nobelpreisträger von 1904 bis 1907 zur Miete gewohnt hat. Sie nimmt sich erst einmal vor, alle vorhandenen Hesse-Titel zu lesen. Ihre Leseerlebnisse schreibt sie in konsequenter Kleinschrift nieder. Sie ist eine genaue Beobachterin und fügt akribisch Details aus der Museumswelt ein. Dabei versteigt sie sich zuweilen zu Assoziationen in eigentümlicher Sexual-Metaphorik. Schließlich befindet sie sich im Dunstkreis des Dichters, dessen Bildern und Büsten sie überall im Hause ausgesetzt ist, inklusive Sixpack und Bizeps! Gerne liefert sie sich mit Hesse gedankliche Schlachten - und fühlt sich bei kritischen Gedanken zu seinen Werken von Hesses Augen verfolgt. Und wenn sie am Ende begeistert über seinen autobiografischen Text "Kurgast" schreibt, "... gekommen ist freundlichkeit und leiser spott, eben auch über den, den er da begleitet und beschreibt, den kurgast Hesse . da ist der Hermann auch ein erwachsener moderner autor, der mit den mitteln spielt, der genres mischt, der karikiert, reflektiert, sich selber über die schulter schaut"(S. 195), dann ist das gleichzeitig die Beschreibung ihres eigenen Schreibverfahrens. Das Buch ist ein Dokument der Selbstbeobachtung und der Auseinandersetzung mit Leben und Werk Hesses, den sie mit ironischer Distanz bewundert. Nicht nur wegen der Sexual-Metaphorik eine sehr spezielle Lektüre.
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
Sex mit Hermann Hesse
Felicitas Andresen
Klöpfer & Meyer (2015)
202 S.
fest geb.